Erfahrungsberichte
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Gut aufgehoben sein
Frau F. berichtet
Frau F. stammt aus dem Münchner Raum und lebt seit 2012 in Nürnberg. Die Familie ist weit verstreut. Sie liest und singt gerne und malt Mandalas. Vor der Diagnose Osteosarkom war Frau F. viel in der Natur unterwegs, unter anderem Nordic Walking.
Der Moment der Diagnose
„Ich bin über die Notaufnahme in dieses Krankenhaus gekommen. Nach vier Tagen lag die komplette Diagnose vor. Zwei Ärzte saßen mir am Tisch gegenüber. Ich wollte die Wahrheit, ich wollte nicht angelogen werden. Aber die Art und Weise der Aufklärung war nicht sehr einfühlsam. Ich dachte nur, das ist mein Todesurteil.
Sie haben gesagt, dass sie für mich nichts weiter tun können und haben mich für eine anschließende Strahlentherapie direkt in ein anderes Krankenhaus überführen lassen. Hier wurde sofort ein CT gemacht und etwas mit einer Gesichtsmaske, die angefertigt werden muss, was ich jedoch nicht verstanden habe. Zudem bin ich in ein Zimmer gekommen, in dem ich mich nicht wohl gefühlt habe. Der Waschbereich war nur durch einen Vorhang abgetrennt. Ich hatte kein gutes Gefühl, hatte kein Vertrauen, weshalb ich gesagt habe, ,ich gehe jetzt‘. So habe ich mich selbst aus dem Krankenhaus entlassen und die erste Nacht nach der Diagnose alleine zu Hause verbracht.“
Panikattacke und Palliativklinik
„Die erste Nacht war Horror. Ich hatte eine regelrechte Panikattacke. Das habe ich das erste Mal erlebt. Ich war plötzlich ganz allein und hatte riesige Angst, dass etwas passieren könnte.
Mein Bruder hat mich dann am nächsten Tag in eine Palliativabteilung im Krankenhaus gebracht. Hier habe ich mich das erste Mal gut aufgehoben gefühlt. Ich wurde schmerzmäßig richtig eingestellt und die Bestrahlungen wurden begonnen. Dies erfolgte dann unter Zuhilfenahme der Gesichtsmaske, über die ich hier vorher umfassend aufgeklärt wurde.
Vor allem war in der Palliativabteilung ein Seelsorger da. Das hat sehr geholfen. Auch die Pfleger und Pflegerinnen haben sich immer Zeit genommen, wenn ich gerade einen schwachen Moment hatte. Dann haben sie sich zu einem gesetzt. Sie hatten auch Angebote wie Musiktherapie, das war in dem Moment nicht unbedingt wichtig, aber zumindest waren die Angebote da.“
LebensWeGe und TagesHospiz
„Durch meinen Bruder habe ich von der LebensWeGe und dem TagesHospiz der Diakonie Mögeldorf erfahren. Sechs Wochen habe ich anschließend in der LebensWeGe gelebt. Sie bietet bis zu drei Menschen ein Zuhause, die – wie ich – nicht mehr alleine leben wollen oder können. Durch den angebundenen ambulanten Hospizdienst erfolgt die palliative Versorgung, durch den ambulanten Pflegedienst die pflegerische Unterstützung. Tagesüber war ich im TagesHospiz direkt gegenüber der WG bestens aufgehoben. Für mich waren das Tageshospiz und die LebensWeGe eine selbstbestimmtere Alternative zu einer Pflegeeinrichtung.
Von hier aus habe ich die Bestrahlungstermine im Krankenhaus wahrgenommen. Diese mussten ambulant erfolgen, sonst hätte es die Krankenkasse nicht bezahlt.
Im TagesHospiz, da ging es mir gut. Hier haben sich alle auf mich eingestellt. Ich konnte sagen, was ich essen will und es wurde versucht, zu organisieren. Sie sind an meiner Seite gewesen, wenn ich Hilfe brauchte. Kein böses Wort, nichts Negatives. Das war wirklich schön. Hier hatte ich immer das gleiche Zimmer und konnte mich auch ein bisschen einrichten. Dann wird es persönlicher.
Das Beste an der LebensWeGe und dem TagesHospiz war, dass ich nicht alleine war. Ich konnte mit anderen gemeinsam Dinge unternehmen, spazieren gehen oder einen Film schauen. Man kann sich hier gegenseitig helfen und bei Bedarf kann sich jeder in sein eigenes Zimmer zurückziehen. Vor allem ist man mit Gleichgesinnten zusammen und sieht, dass auch andere krank sind. Und es hilft Familienmitgliedern sehr. Zum einen haben sie auch mal ein bisschen Zeit für sich und können in Ruhe einkaufen gehen, zum anderen können so alle etwas besser mit der schlimmen Situation umgehen.“
Umzug ins stationäre Hospiz
„Aktuell bin ich im stationären Hospiz der Diakonie Mögeldorf, es ist direkt neben dem Tageshospiz. Der Unterschied ist, dass ich nun auch nachts auf der Hospizstation bleibe, denn ich komme gerade aus dem Krankenhaus. Mein linker Oberschenkel musste genagelt werden, da Bruchgefahr besteht. Ich bin zurzeit also nicht mehr mobil.
Hier geht es mir auch sehr gut. Die Leute im Hospiz machen alles, die kümmern sich um alles. Ich darf hier sogar meine Bilder aufhängen und Bücher zum Lesen mitbringen. Friseur, Fußpflege und weitere Dienste wie seelsorgerische Betreuung durch einen Pfarrer wären auch direkt mit angebunden. Ich habe nichts, worüber ich klagen könnte.
Vor allem habe ich hier meine eigenen Ehrenamtlichen, die mich unterstützen. Sie richten oft das Essen her und räumen es dann wieder auf oder gehen mit mir im Rollstuhl raus an die frische Luft. Sie helfen mir vor allem dabei, aus den eigenen Grübeleien rauszukommen. Wenn ich von den eigenen Gedanken runtergezogen werde, dann kommt jemand reingewirbelt und reißt mich da wieder raus. So habe ich ein paar schöne Stunden mit Lachen, aber wir besprechen auch über viele ernste Dinge. Ich teile zudem mit ihnen meine Erinnerungen. Ich kann mit den Ehrenamtlichen über alles reden, ich habe Vertrauen zu ihnen.“
Wünsche
„Insgesamt hätte ich mir vor allem direkt nach der Diagnose mehr Einfühlsamkeit gewünscht. Der Mensch sollte immer im Vordergrund stehen. Zudem hätte ich mir gewünscht, dass mir mehrere Alternativen aufgezeigt worden wären. Hier wäre ich gerne beraten worden, welche Möglichkeiten habe ich, und was sind die Vor- und Nachteile. So hatte ich direkt nach der Diagnose gar keine Wahl und musste mich in eine Behandlung fügen, die mir zum einen gar nicht richtig erklärt wurde und zum anderen auch nicht mein Weg gewesen wäre. Das Selbstbestimmtsein hört von einer Sekunde auf die Nächste auf. Das muss aber so nicht sein.“
Wichtige Struktur und Rückhalt
Frau G. berichtet
Frau G. ist gelernte Arzthelferin und hat jahrelang in einer orthopädischen Praxis in Nürnberg gearbeitet. Um sich eine Eigentumswohnung in Fürth zu finanzieren, hat sie zusätzlich als Reinigungskraft gejobbt. In ihrer Freizeit ist sie gerne in den Urlaub gefahren und ihr größtes Hobby ist ihre Katze.
Der Moment der Diagnose – „Das kapierst du nicht!“
Bei Frau G. wurde ein Multiples Myelom, ein unheilbarer Knochenkrebs diagnostiziert. Während des Moments der Diagnose konnte Frau G. kaum glauben, was jetzt mit ihr los sei. Sie war sehr froh, dass ihre beiden besten Freundinnen während des Gesprächs mit dem Arzt dabei waren und ihr Beistand geleistet haben. Generell stehen die beiden immer an ihrer Seite. Sie sind für Frau G. wie eine Familie, die sie liebt, und die sich in jeder Lebenslage gegenseitig unterstützen.
Besonders schwer war für Frau G. die Nachricht, dass der Krankheitsverlauf zwar hinauszuzögern wäre, aber der Krebs nicht heilbar sei. Auch die Ungewissheit darüber, wie sich der Krankheitsverlauf entwickeln würde, sei schwer auszuhalten. Von den Ärzten hätte Frau G. sich besonders gewünscht: „dass sie auf Deutsch reden und nicht mit lateinischen Begriffen.“ Da sie Arzthelferin ist, konnte sie zwar viele Fachwörter verstehen, wünscht sich aber für andere Betroffene, dass die Ärzte sich die Zeit nehmen, die Patienten umfangreich und in einer verständlichen Sprache über die Diagnose aufzuklären.
Der Krankheitsverlauf
Nach der Diagnose im August 2016 wurde bei Frau G. im Januar 2017 mit der Chemotherapie und einer Eigenblutbehandlung begonnen. Diese hat zunächst sehr gut angeschlagen. „Nach der Eigenblutthera-pie ist es mir blendend gegangen und ich war nach neun Monaten wieder bei der Arbeit und dann ist halt der Rückfall gekommen. Mein Kopf wurde bestrahlt und dann ging nichts mehr.“ Nach dem Rückfall 2018 wurde Frau G. in die Palliativklinik aufgenommen. Hier wurde sich sehr gut um sie gekümmert, und Frau G. konnte wieder zu Kräften kommen. In der Palliativklinik wurde sie auch zum ersten Mal auf das TagesHospiz im Mathildenhaus aufmerksam gemacht. Zwei Tage später vereinbarte sie einen Termin zur Hospitation und die Woche darauf hatte sie bereits einen festen Platz im TagesHospiz der Diakonie Mögeldorf.
Das TagesHospiz – „Ich fühle mich pudelwohl“
Dreimal die Woche kommt Frau G. in das TagesHospiz im Mathildenhaus. Für sie sei das Angebot eine gute Mischung aus Gemeinschaft und selbstständigem Leben in der eigenen Wohnung. „Das TagesHospiz tut einem einfach gut. Man sitzt nicht nur zu Hause und ist am Grübeln.“ Das TagesHospiz gebe ihr eine wichtige Struktur, und sie freue sich immer auf die Tage, an denen sie zu Besuch ist. Gleichzeitig sei es für Frau G. weiterhin wichtig, in ihrer gewohnten Umgebung zu leben und zu Hause zu sein.
Auch ihre Freundinnen sind begeistert vom TagesHospiz und freuen sich, dass Frau G. sich hier so gut aufgehoben fühlt. Sie kommen regelmäßig vorbei und unternehmen gemeinsam von dort aus Einkaufstouren und kleine Ausflüge. Im TagesHospiz hat jeder Gast ein eigenes Zimmer, das weiß Frau G. besonders zu schätzen. Wenn sie Ruhe benötigt, könne sie sich zurückziehen, andererseits sei immer jemand da, wenn sie mal Hilfe oder ein offenes Ohr zum Reden brauche. „Das TagesHospiz ist wie eine große Familie.“ Die gemeinsame Zeit spiele sich hauptsächlich in der Küche ab. Es wird gemeinsam gekocht, gelacht und auch mal geweint. „Ich wollte immer eine Großfamilie und hier fühle ich mich wie in einer Großfamilie gut aufgehoben. Besser kann man es sich nicht aussuchen.“ Die Gäste würden sich unterei-nander sehr gut verstehen und besonders das Personal trage dazu bei, dass viel positive Energie auf die Gäste übertragen werde. Die Mitarbeiterinnen sind sehr aufmerksam: „Wenn es einem nicht so gut geht, fragen sie nach und sind einfühlsam. Sie machen alles für dich, wenn sie mal irgendwas aufschnappen.“
Wünsche für die Zukunft
„Ich bin jemand, die kämpft bis zuletzt. Bis es halt nicht mehr geht. Wenn es nicht mehr geht, dann ist es halt nicht mehr, aber bis dahin ist Kampf!“
Für das TagesHospiz wünscht sich Frau G. einen Bus, mit dem alle gemeinsam und unabhängig kleine Ausflüge unternehmen können. Außerdem würde sich Frau G. wünschen, dass viel mehr Menschen von der Existenz des TagesHospizes erfahren würden.